GASTBEITRAG: Studienreise nach Sizilien Teil 1

GASTBEITRAG: Studienreise nach Sizilien mit dem Bildungswerk Rheinhausen im März 2019

Der Flugplatz, malerisch mit seinen paar Flugzeugen. Mit dem Bus an steilen Felswänden vorbei Richtung Palermo. Wir kommen an der Stelle vorbei, wo der Richter Falcone mit ½ t Sprengstoff auf der Autobahn in die Luft gesprengt wurde. Unser Guide zeigte das Häuschen in dem damals derjenige saß, der die Bombe zündete. Das Häuschen ist heute unter Denkmalschutz, unten an der Straße, an der Stelle, wo der Richter in die Luft flog, ist eine Erinnerungs-Stele. 

Palermo ist in Schüben gewachsen. Bei der Fahrt vom Flughafen kamen wir durch Täler mit einheitlichen Baustilen, dann nach einigen Minuten wieder dasselbe, aber in ganz anderem Stil. Quer durch die Innenstadt, dann eine Straße am Meer entlang und wir sind in unserem Hotel. Zum Abendessen gab es eine grausige Antipasti mit ein paar sehr kleinen unangenehm fischigen Teilchen darin. Zum Hauptgang Schwertfisch. Die meisten meinten, hätte gut geschmeckt, ich muss ein fürchterlich traniges Teil erwischt haben. Von wegen italienisches Essen.

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Dafür war das Frühstück erfreulich unitalienisch, es gab alles, ein super kontinentales Frühstück. Aber zuerst mal schlafen, gemeinsam unter einer Decke. Und Aufwachen vor Sonnenaufgang. Ein strahlend blauer Himmel mit allen Schattierungen von tiefblau bis hell orange. Die Sonne noch unter dem Horizont, dann schon drüber, aber noch versteckt hinter dem Hügel einer Landzunge. Wunderschöne Kitsch-Bilder. Dann kam noch die Morgen-Fähre aus Neapel, rein in den Hafen und dann rückwärts zum Anlegeplatz. 

Was uns mal interessieren würde ist das kleine Boot, das zu jedem Schiff fährt, längsseits geht, vermutlich irgendwas übernimmt und dann wieder heimfährt. Entweder trauen die ihrer Funkverbindung nicht oder es müssen noch vor dem Anlegen ein paar schriftliche Formulare übergeben werden. 

Dann ausgiebiges Frühstück und Abfahrt quer durch Palermo nach Monreale. Auf der Fahrt zeigt unser Guide den Bahnhof und erklärt, dass im Krieg viele Museen zerbombt wurden, alle sahen sie aus wie Bahnhöfe. Umgekehrt sieht der Bahnhof von Palermo auch nicht unbedingt aus wie ein Bahnhof, könnte auch ein Museum sein. Sie meinte, jetzt um 9 Uhr sei eben typischer Berufsverkehr. Die Bürozeiten beginnen zwar um 9 aber das würde man hier eher locker sehen. Viel Industrie gäbe es in Palermo nicht. Von den ca. 1 Mio. Menschen, die hier tagsüber arbeiten, seien die eine Hälfte Beamte und die andere Hälfte würde diese Beamten versorgen. Palermo sei eben die Hauptstadt mit der immer notwendigen Verwaltung.

Sie zeigte auch, dass die Versorgung mit Lebensmitteln hauptsächlich über Marktstände an der Straße erfolgt. Würde zwar nicht immer den Vorschriften der EU entsprechen, aber daran stört sich hier niemand. Man sieht auf den Marktständen: Gemüse ist schon da, der Fisch kommt noch, laut Guide der meiste aus Spanien. 

Sargent erklärt auch, dass es kein Zeichen von Armut sei, wenn die Wäsche auf dem Balkon zum Trocknen hängt. Sei notwendig, denn in Palermo sei es meist feucht und warm und in der Wohnung werde die Wäsche einfach nicht trocken. 

Sargent ist unsere Guide. Sie hat gerne Armee Klamotten an und sie passt umsichtig und wenn nötig auch bestimmt auf ihre Schäfchen auf, sie würde nie eins verlieren. Ihre Informationen sind unerschöpflich. Sie weiß über alles Bescheid einschließlich der passenden Anekdoten, ob von vor 1000 Jahren oder von heute. Geboren in Buda, seit 20 Jahren in Sizilien, Mutter einer etwa 12 jährigen Tochter, studierte Geschichte, hat bei Ausgrabungen auf Sizilien mitgemacht, besser hätten wir es nicht treffen können. 

Auf der Fahrt muss ich immer wieder die Häuser bewundern, jede Wohnung hat einen Balkon. Die neueren Häuser eher schlicht, die älteren sehr schön geschnörkelte Eisengitter. Die meisten der älteren Balkone sind sehr klein, ungeeignet um Stühle draufzustellen, vermutlich nur dazu da, um die bodentiefen Fenster als Terrassentür aufmachen zu können ohne gleich auf die Straße zu fallen. Geben natürlich eine viel bessere Belüftung als nur ein Fenster. Und natürlich kann man da Wäsche trocknen.

Wir fahren nach Monreale zum Normannendom. Sargent erklärt, was es damit auf sich hat. Es ging, wie damals meistens, um die Machtverteilung zwischen Papst und König. Der Papst hatte ja die Normannen beauftragt, Sizilien von den Muslimen zu befreien. Ein weitgehend muslimisches Land direkt vor seiner Haustür wollte der Papst nicht dulden. Die Normannen ließen sich diese Aktion auch noch vom Papst bezahlen. Aus diesem Grund sahen sie sich auch relativ unabhängig vom Papst und wollten den Erzbischof in diesem Sinne auch selbst bestimmen. Dem widersetzte sich aber der – vom Papst ernannte – Erzbischof von Palermo. Nun, logischer Schluss der Normannen, dann gründen wir eben dicht außerhalb von Palermo, ein paar km weg, ein zweites Erzbistum mit einem eigenen Erzbischof und bauen ihm eine eigene großartige Kirche, den Normannendom. 

Im Eingangsbereich steht dann auch die Statue von Wilhelm II, wie er diese Kirche übergibt, aber nicht dem Papst, sondern direkt an Christus. 

Innen ist dieser Normannendom die prächtigste Kirche der Welt. Die Wände sind bis obenhin geschmückt mit Mosaiken aus Keramik mit Bildern aus dem alten und neuen Testament. Sargent meinte, dass nur die Hagia Sophia ursprünglich mehr Mosaiken hatte, dort seien aber viele inzwischen zerstört. Die Wände leuchten geradezu in diesen Bildern. Der Normannendom ist eine Symbiose aus römischer und byzantinischer Kirche. Im Grundriss wie das Kreuz einer römischen Kirche. Der Chor geht über ein 8-eckiges Zwischengeschoss nach oben in eine byzantinische Kuppel über in der Christus in byzantinischem Stil dargestellt ist. 

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Die Mosaikbilder zeigen die Geschichten des alten und des neuen Testaments. Der lokale Guide erklärte, dass die Menschen zu dieser Zeit nicht lesen konnten, deshalb wurde ihnen die biblische Geschichte in Bildern dargestellt. Die Geschichten beginnen mit Adam und Eva, dem Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies. 

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An den Wänden die Bildergeschichten, an den Kapitelen der Säulen plastisch dargestellte Geschichten aus der Bibel. Jedes Kapitel zeigt eine andere Geschichte. 

Und unterhalb und oberhalb der Bilder typisch arabische Ornamente. Es war eindeutig, dass die Handwerker, welche diesen Dom erbaut haben, arabische Muslime waren. Es ist eindeutig, dass Sizilien zur Zeit der Normannen eine multikulturelle Hochkultur war. 

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Der nächste Besuch galt dem Kreuzgang neben dem Normannendom. Ein Kreuzgang mit zig Doppelsäulen, jede zweite geschmückt mit arabischen Ornamenten aus Mosaik. Nur jede zweite? Der Guide erklärte, dass dies die Bescheidenheit ausdrücken sollte, denn es wäre nicht angemessen, diesen Kreuzgang über alle Maßen zu schmücken.

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Beim ersten Blick auf diese Ornamente meinte ich, da hat jemand vor wenigen Jahren eine Plastikfolie draufgeklebt um den in den Jahrhunderten zuvor kaputt gegangenen Schmuck zu ersetzen. Stimmte aber nicht, diese über 800 Jahre alten Ornamente waren fast unnatürlich frisch!

An einem Eck des Kreuzgangs ist ein kleiner arabischer Springbrunnen. Aus kleinen Düsen am Kopf des Brunnens fließt das Wasser in das Becken. Es kühlt, und das Rauschen des herabfließenden Wassers – man könnte ewig dort sitzen bleiben und träumen (oder meditieren).

 

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