Berechnung der Gehzeit bei Wanderungen

Wie lange brauche ich für meine geplante Wanderung am Wochenende? Kann ich die vorgegebenen Etappen des Wanderführers für meine Mehrtagestour wirklich schaffen? Wie lange brauche ich für die Wanderung aus dem Wanderführer, wenn ich mit Kindern unterwegs bin?

Diese und ähnliche Fragen tauchen wohl des öfteren auf, wenn es darum geht, eine Tour zu Fuß zu planen.

Und weil die Deutschen ein sorgsames Völkchen mit Ordnung und Berechenbarkeit sind, gibt es tatsächlich auch eine Norm – sogar eine DIN-Norm (Nr. 33466) -, die in diesem Fall weiter helfen kann. Diese Norm wurde zur Vereinheitlichung der Wegzeiten auf Wanderwegweisern erstellt und basiert heute auf einer Formel, die vom Deutschen Alpenverein entwickelt wurde und inzwischen auch von den deutschsprachigen Alpenländern und Slowenien zugrunde gelegt wird, wenn es darum geht Wegzeiten zu berechnen.

 

Und jetzt ans praktische: Wie funktioniert das denn nun und kann ich das auch selbst für meine Tour berechnen?

Eindeutig ja.

Es braucht ein paar Vorkenntnisse zu dieser Formel bzw. zu deren Elementen.

Im Grunde geht es um 3 Werte:

Wert Wo finde ich diesen Wert?
Strecke der Höhenmeter im Aufstieg Diesen Wert kann man zumindest grob aus einer topographischen Wanderkarte ablesen, indem man die Abstände der Höhenlinien zusammenzählt, die aufsteigende Zahlen haben
Strecke der Höhenmeter im Abstieg Diesen Wert kann man zumindest grob aus einer topographischen Wanderkarte ablesen, indem man die Abstände der Höhenlinien zusammenzählt, die absteigende Zahlen haben
Horizontalentfernung Die Länge der Strecke ohne Höhendifferenz gemessen (kann man anhand einer Wanderkarte entweder mit Hilfe des Rasters oder mit einem Kartenmesser erfahren)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die professionellen Bergführer der Alpenvereine und Autoren der Wander- und Trekkingführer gehen von einer Schrittgeschwindigkeit von 5-6 Kilometern pro Stunde aus. Das sind eher Schrittgeschwindigkeiten erfahrener Wanderer mit guter Kondition.

Wer also weiß, dass er/sie eher gemütlich unterwegs ist oder bei Auf- oder Abstieg schneller bzw. langsamer ist, kann diese Werte individuell anpassen.

 

Der Alpenverein geht von folgenden Werten aus und richtet sich eher an etwas langsameren Wanderern aus, damit gesichert ist, dass die Wanderzeit nicht so sehr herausgezögert wird, dass die Wanderer in die Dunkelheit kommen.

Deshalb gehen auch wir hier von den Alpenvereinswerten aus, an denen man sich dann auch bei Änderungen orientieren kann.

 

Ein Wanderer legt in einer Stunde zurück:

Aufstieg in Metern pro Stunde 300m
Abstieg in Metern pro Stunde 500m
Strecke in der Horizontalen 4 km/h

 

Die Formel lautet:

Der kleinere Wert wird vorher halbiert und dann werden Dauer des Aufstiegs oder Abstiegs und Dauer der Horizontalentfernung miteinander addiert.

 

Zusätzlich werden beim Alpenverein 5-10 min Pause pro Stunde Gehzeit eingeplant. Diese werden einfach noch drauf addiert. Genauso kann man mit Essensrast, Einkehr in einer Hütte etc. vorgehen.

 

Jetzt rechnen wir das mal für drei „normale“ Wanderungen durch.

Fehlen noch die Werte:

 

Beispiel 1:

Wir gehen in unserem ersten Beispiel mal von einer Wanderung von 7 km Strecke (Horizontalentfernung) mit einem Aufstieg von 800 Höhenmetern aus.

1. Schritt der Berechnung: Dauer des Aufstiegs 800 hm : 300 hm/h = 2,67 h
2. Schritt der Berechnung: Dauer der Horizontalentfernung 7 km : 4 km/h = 1,75 h
Nun wird der kleinere Wert (Horizontalentfernung) halbiert und mit dem anderen addiert: (1,75 h : 2) + 2,67 h = 3,54 h

 

Das entspricht ca. 3,5 Stunden reine Gehzeit für diese Strecke.

 Dazu addieren wir jetzt noch großzügige 30 Minuten für Pausen und sind dann bei einer Wanderung mit 4 Stunden Zeitbedarf angekommen.

 

Beispiel 2:

Hier wandern wir eine Strecke von 10 km mit einem Abstieg von 500 Höhenmetern.

 

1. Schritt der Berechnung: Dauer des Abstiegs 500 hm : 500 hm/h = 1 h
2. Schritt der Berechnung: Dauer der Horizontalentfernung 10 km : 4 km/h = 2,5 h
Nun wird der kleinste Wert (Abstieg) halbiert und mit dem anderen addiert: (1 h : 2) + 2,5 = 3 h

 Das entspricht ca. 3 Stunden reine Gehzeit für diese Strecke.

 

Dazu addieren wir jetzt wieder knappe 10 Minuten für Pausen und sind dann bei einer Wanderung mit knapp 3 Stunden 10 Minuten Zeitbedarf angekommen.

 

 

Beispiel 3:

Wir planen eine Tageswanderung mit einer Strecke von 12km mit einem Aufstieg von 4 km mit 800 Höhenmetern und einem Abstieg von 6 km mit 1000 Höhenmetern.

Hier ist es etwas komplizierter. Wir müssen die Berechnungen für den Aufstieg mit Horizontalentfernung und für den Abstieg mit Horizontalentfernung einzeln machen.

 1. Schritt der Berechnung: Dauer des Aufstiegs  800 hm : 300 hm/h = 2,7 h
 2. Schritt der Berechnung: Dauer Horizontalentfernung Aufstieg  4 km : 4 km/h = 1 h

 3. Schritt der Berechnung: Gehzeit Aufstieg:

kleineren Wert halbieren und dann beide Werte miteinander addieren

 (1 h : 2) + 2,7 h = 3,2 h
 4. Schritt der Berechnung: Dauer des Abstiegs  1000 hm : 500 hm/h = 2 h
 5. Schritt der Berechnung: Dauer der Horizontalentfernung Abstieg   6 km : 4 km/h = 1,5 h

 6. Schritt der Berechnung: Gehzeit Abstieg:

kleineren Wert halbieren und beide Werte miteinander addieren

 (1,5 h : 2) + 2 h = 2,75 h
7. Schritt der Berechnung: Werte aus Schritt 3 und Schritt 6 addieren 3,2 h + 2,75 h = 5,95 h

 Das entspricht ca. 6 Stunden reine Gehzeit für diese Strecke.

 Wir rechnen hier mal noch 7 Minuten Pause pro Stunde dazu, also grob 45 Minuten und eine Mittagspause von 30 Minuten.

 Dann sind wir bei 7 Stunden 15 Minuten Wanderung.

 

 

Im Prinzip kann man sich so jede Tour selbst berechnen und die Werte können individuell angepasst werden. Bei langsameren Wanderern werden die Stundenwerte von 300 bzw. 500 Höhenmetern pro Stunde einfach nach unten gesetzt. Bei konditionell guten Wanderern nach oben.

Selbst wenn zwischendrin mal eine Kletterpartie oder ein Stück schwierigen Wegs ist, kann dies mit eingerechnet werden. Inzwischen gibt es für gängige Sportarten auch Werte zur Anpassung z.B. 1200 Höhenmeter pro Stunde für Skitourengeher beim Aufstieg und dementsprechend 1/3 der Zeit dessen bei der Abfahrt.

 

Grundsätzlich gilt bei der Berechnung:

  • bei einer Wanderung in der Gruppe ist das schwächste Mitglied als Maßstab anzusetzen
  • lieber einen Zeitpuffer einbauen, als im Dunkeln zu stehen
  • mit Kindern mehr Zeit einplanen (wegen der Blume am Wegrand oder der schönen Aussicht oder dem Durst oder…)
  • beim Begehen von Themenpfaden auch immer etwas mehr Zeit zum Schilder lesen, Aktionen durchführen und so was einplanen
  • bei schwierigen Wegpassagen oder sogar Klettersteigen muss das Anlegen des Kletterzeugs und das Sichern mit eingerechnet werden

 

Ich hoffe, dass wir mit diesem Blog-Eintrag Ihre Wanderplanungen vereinfachen können bzw. Sie motivieren, sich selbst mal eine Strecke zum Erkunden zu planen oder sich doch auch mal an eine Wanderung als Senioren oder mit Kindern zu wagen.

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